Jacaranda zum 3. Mal hinter Gittern
von Burghard Seidel

Es fehlen nur noch die Posaunen von Jericho, aber die sind aus Sicherheitsgründen hier bestimmt verboten”,

fügte Thomas Hoffmann vom Jacaranda Ensemble schmunzelnd hinzu, als er die Stückzahl der vielseitigen Instrumente vor sich auf dem Boden der Justizvollzugsanstalt-Turnhalle aufzählte. Ca. 130 Instrumentenarten sind es, manche auch in einer Art Modellsatz, zu immer neuen akustischen Klangkörpern umbaufähig. Erzählt er selbst noch darüber erstaunt, denn so eine richtige Inventur haben sie in ihrer Musikantenkammer niemals vorgenommen.

Damit die fünf jungen Musiker und Solisten der Brandenburger Symphoniker denn auch ihre einzigartigen Klangwelten so richtig ausleben können, gehören die exotischsten Instrumente aus allen Regionen dieser Welt zu ihrer bespielbaren Ausrüstung: dünnwandig gedrechselte Alphörner aus der Schweiz ebenso, wie von Termiten ausgehöhlte Didgeridoos, den kultischen Blasrohren der australischen Ureiwohner, Saxophon und Percussio, Congas und Konzertpauke, Waldhorn und Klarinette Xylophon und Marimba und ... ... ... Instrumente, die ihrem Ursprung nach oft tausende von Kilometer voneinander entfernt sind und von den fünf „Klangbesessenen" an jenem Knast-Konzert-Abend in der Turnhalle der JVA Brandenburg derart in Schwingungen versetzt wurden, dass auch der Allerletzte der zahlreichen Besucher mit und ohne „Übernachtung auf Zeit“ irgendwann ins Wippen geriet. Mal melancholisch im amerikanischen Urblues, aggressiv aufbrausend beim asiatischen Feuertanz mit riesigem dröhnendem China-Gong, heiter im südländischen Liebeslied und beschwingt im lataiamerikanischen Salsa, da war für jeden etwas dabei! Und wer sich nicht unbedingt von den Rhythmen vereinnahmen lassen wollte, der konnte spätestens beim virtuose Marimba Spiel von Matthias Dressler nicht mehr umhin, dieser Spielfreude des Jacaranda Ensembles seine Anerkennung mit Applaus zu zollen. Den Klangteppich, den die fünf Profimusiker auch hinter den Gittern einer Justizvollzugsanstalt vor den Gefangenen und den vielen Gästen von draußen ausbreiteten, war ein akustischer Genuss.

Selbst die laut beklatschte Zugabe, quittierten sie mit einem exotischen Instrument aus Indonesien, dem Anklung. Die Bambusrasseln im Takt von den fünf Vollblutmusiker geschüttelt, bewegten sichtlich die in Anstaltskleidung gekleideten Zuhörer, nahmen wohl deren Gedanken und Gefühle mit, weit weg durch die Gitter bis auf die andere Seite der Welt. Das war nicht eine irgendwie geartete Abwechslung vom tristen Haftalltag, das war Erbauung vom Feinsten, „und muss wieder für ein ganzes Jahr vorhalten“, wie ein Inhaftierter spontan nach Konzertende ausrief!

Musik live ist eben ein Erlebnis für jedermann", meint denn auch Alphornbläser Thomas Hoffmann und fügt nachdenklich hinzu: „Musik kennt eben keine Grenzen und das im wahrsten Sinne des Wortes." Dabei lässt er seinen Blick über den Veranstaltungsort kreisen und deutet mit der Hand symbolisch auf die Betonmauern der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel.

Jacaranda Ensemble in der JVA Brandenburg a. d. Havel

© Agentur RÜCK -SPIEGEL