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Märkische Allgemeine Zeitung
vom 13.12.2010





Eingesperrte Weltmusik

JACARANDA-Ensemble spielten in der Justizvollzugsanstalt vor Häftlingen und Besuchern

Nicht zum ersten Mal gastierte die Weltmusik- Truppe JACARANDA im Knast. Doch es immer wieder besonders.

Von Anne Mareile Walter

Die schmalen Turnhallenfenster sind vergittert. Wärter in blauen Uniformen stehen am Ausgang und bringen immer wieder neue Besucher herein, die sich mit einer Mischung aus Neugier und Ehrfurcht nach freien Plätzen in den Publikumsreihen umschauen. Beige Hosen, tätowierte Arme, kahl rasierte Köpfe, dazwischen Zuschauer in Jeans – wie selbstverständlich sitzen Häftlinge und Besucher nebeneinander.

Als das Brandenburger Instrumental-Ensemble JACARANDA die Bühne betritt, löst sich die angespannte Atmosphäre. Es wird applaudiert, ein paar Zuschauer johlen. Fast wie bei einem normalen Konzert und doch ganz anders. Knapp 120 Zuschauer hatten sich am Freitagabend in der Turnhalle der Brandenburger JVA eingefunden, um sich den JACARANDA-Auftritt anzuschauen. Ungefähr die Hälfte von ihnen waren Häftlinge, die andere Hälfte Besucher, die auf persönliche Einladung der Band erschienen waren: Juristen, Ärzte, ehrenamtliche Mitarbeiter der JVA. Auch Landtagspräsident Gunter Fritsch war zum Knast-Konzert angereist.

Bereits zum dritten Mal trat JACARANDA vor Häftlingen in Brandenburg auf. „Das ist einfach eine sehr spezielle Atmosphäre“, sagt Ensemblemitglied Thomas Hoffmann. „Kultur ist ein Grundrecht des Menschen und wir wollen die Musik dorthin bringen, wo sie nicht so häufig zu Hause ist.“ Gleich nach dem ersten Stück hat das Ensemble das unkonventionelle Publikum auf seiner Seite. Mit Saxophon, Didgeridoo, Alphorn und Xylophon spielen die fünf Musiker eine orientalisch anmutende Komposition. Den Titel „Derwisch“ haben sie ihr gegeben.

Getragene Melodien stimmen Richard Mosthaf und Thomas Hoffmann auf den Alphörnern als Nächstes an. Mit verschiedenen Percussion-Instrumenten beschleunigt das Ensemble schließlich den Rhythmus, verbindet Elemente aus Jazz, Soul und Blues zu experimentellen Kompositionen. Die Stimmung im Publikum steigt, Häftlinge und Besucher klatschen gemeinsam im Takt. „Die Akustik hier ist einfach toll“, schwärmt Sebastian Pietsch und läuft mit Saxophon durch die Zuschauerreihen. Die chinesischen Gongs, mit denen die Musiker in ihrem nächsten Stück den Takt schlagen, sorgen für begeisterte Pfiffe im Publikum.

Als der letzte Ton der teils folkloristischen, teils meditativen JACARANDA-Kompositionen verklungen ist, schallen Zugabe-Rufe aus den Publikumsreihen. Und JACARANDA bringt die Turnhalle der JVA, die früher einmal als Essensausgabe für die Häftlinge benutzt wurde, erneut zum Toben. Als Sebastian Pietsch der Reihe nach seine Ensemblekollegen mit Namen vorstellt und sich schließlich selbst verbeugt, ruft ihm ein Häftling aus der zweiten Reihe frenetisch zu: „Du warst heute Abend der Beste.“ Es wird noch lange applaudiert an diesem Abend.

Foto: Weltmusik hinter Gittern: Das Jacaranda-Ensemble spielte am Wochenende vor Häftlingen und Gästen in der JVA-Turnhalle