Eingesperrte Weltmusik
JACARANDA-Ensemble
spielten in der Justizvollzugsanstalt vor Häftlingen und Besuchern
Nicht zum ersten Mal gastierte die
Weltmusik- Truppe JACARANDA im Knast.
Doch es immer wieder besonders.
Von Anne Mareile Walter
Die schmalen Turnhallenfenster sind vergittert. Wärter in blauen
Uniformen stehen am Ausgang und bringen immer wieder neue Besucher
herein, die sich mit einer Mischung aus Neugier und Ehrfurcht nach
freien Plätzen in den Publikumsreihen umschauen. Beige Hosen,
tätowierte Arme, kahl rasierte Köpfe, dazwischen Zuschauer in
Jeans – wie selbstverständlich sitzen Häftlinge und Besucher
nebeneinander.
Als das Brandenburger Instrumental-Ensemble JACARANDA
die Bühne betritt, löst sich die angespannte Atmosphäre.
Es wird applaudiert, ein paar Zuschauer johlen. Fast wie bei einem
normalen Konzert und doch ganz anders. Knapp 120 Zuschauer hatten sich
am Freitagabend in der Turnhalle der Brandenburger JVA eingefunden, um
sich den JACARANDA-Auftritt
anzuschauen. Ungefähr die Hälfte von ihnen waren
Häftlinge, die andere Hälfte Besucher, die auf
persönliche Einladung der Band erschienen waren: Juristen,
Ärzte, ehrenamtliche Mitarbeiter der JVA. Auch
Landtagspräsident Gunter Fritsch war zum Knast-Konzert angereist.
Bereits zum dritten Mal trat JACARANDA
vor Häftlingen in Brandenburg auf. „Das ist einfach eine sehr
spezielle Atmosphäre“, sagt Ensemblemitglied Thomas Hoffmann.
„Kultur ist ein Grundrecht des Menschen und wir wollen die Musik
dorthin bringen, wo sie nicht so häufig zu Hause ist.“ Gleich nach
dem ersten Stück hat das Ensemble das unkonventionelle Publikum
auf seiner Seite. Mit Saxophon, Didgeridoo, Alphorn und Xylophon
spielen die fünf Musiker eine orientalisch anmutende Komposition.
Den Titel „Derwisch“ haben sie ihr gegeben.
Getragene Melodien stimmen Richard Mosthaf und Thomas Hoffmann auf den
Alphörnern als Nächstes an. Mit verschiedenen
Percussion-Instrumenten beschleunigt das Ensemble schließlich den
Rhythmus, verbindet Elemente aus Jazz, Soul und Blues zu
experimentellen Kompositionen. Die Stimmung im Publikum steigt,
Häftlinge und Besucher klatschen gemeinsam im Takt. „Die Akustik
hier ist einfach toll“, schwärmt Sebastian Pietsch und läuft
mit Saxophon durch die Zuschauerreihen. Die chinesischen Gongs, mit
denen die Musiker in ihrem nächsten Stück den Takt schlagen,
sorgen für begeisterte Pfiffe im Publikum.
Als der letzte Ton der teils folkloristischen, teils meditativen JACARANDA-Kompositionen verklungen ist,
schallen Zugabe-Rufe aus den Publikumsreihen. Und JACARANDA bringt die Turnhalle der JVA, die
früher einmal als Essensausgabe für die Häftlinge
benutzt wurde, erneut zum Toben. Als Sebastian Pietsch der Reihe nach
seine Ensemblekollegen mit Namen vorstellt und sich schließlich
selbst verbeugt, ruft ihm ein Häftling aus der zweiten Reihe
frenetisch zu: „Du warst heute Abend der Beste.“ Es wird noch lange
applaudiert an diesem Abend.
Foto: Weltmusik hinter Gittern: Das Jacaranda-Ensemble spielte am
Wochenende vor Häftlingen und Gästen in der JVA-Turnhalle